Bitfinex gibt tokenisierte Anleihe in El Salvador heraus – doch der IWF hadert mit der Bitcoin-Politik des Landes
Vor gut einem Jahr hat El Salvador ein Gesetz über digitale Assets verabschiedet. Nun gehen die ersten tokenisierten Finanzprodukte live. An sich fährt das Land gut mit seiner Krypto-Strategie, die es zum Finanz-Hub der Region befördern könnte – doch es bekommt auch die Nachteile zu spüren.
Bitfinex Security kündigt an, in Bälde eine tokenisierte Anleihe für einen Hotelkomplex am internationalen Flughafen von El Salvador anzubieten.
Die Anleihe hat ein Volumen von 6,25 Millionen Dollar, eine Laufzeit von fünf Jahren und eine Verzinsung von 10 Prozent. Sie soll ein fünfgeschossiges Hotels mit 80 Zimmern, Pool, Restaurant, Fitnesscenter und mehr auf einer Fläche von etwa 5000 Quadratmetern finanzieren.
An sich wäre daran nichts Besonderes. Bitfinex Security hat bereits mehrere tokenisierte Anleihen aufgelegt, etwa die „Blockstream Mining Note“ oder „Alternative“ für Micro-Financing. Beides sind konventionelle Finanzprodukte, die eher mäßig als durchschlagend erfolgreich sind.
Aber es gibt zwei Details, die zu erwähnen sind: Erstens setzt Bitfinex Securities auf das Liquid-Netzwerk von Blockstream, eine Bitcoin-Sidechain, womit die Anleihen indirekt auf Bitcoin laufen. Damit disqualifiziert sich die Anleihe von den üblichen DeFi-Plattformen der Web-Blockchains, wertet aber Liquid allein durch seinen Namen auf.
Zweitens – und darum vor allem geht es hier – ist diese Anleihe eine der ersten, die auf Basis von El Salvadors „Digital Asset Security Law“ herausgegeben werden. Und das ist einen weiteren Blick wert.
Ihr kennt El Salvador wegen seines Bitcoin-Gesetzes. Im Januar des vergangenen Jahres hat das kleine mittelamerikanische Land zudem das „Digital Securities Law“ verabschiedet, zu deutsch etwa: „Kryptoassetverordnung“. Dieses setzt einen juristischen Rahmen für alle Arten digitaler Finanzprodukte, die nicht Bitcoin sind.
in gewisser Weise war das Gesetz speziell für die sogenannten Volcano-Bonds gemacht, eine 1-Milliarde-Dollar-Anleihe, durch die El Salvador Geld einholen möchte, um Mining-Farmen aufzubauen und in Bitcoin zu investieren. Würde der Volcano-Bond gelingen, wäre das eine bemerkenswerte Innovation der Staatsfinanzierung. Doch sie hängt seit mehr als zwei Jahren in der Warteschleife.
Das erste Asset, das es tatsächlich geschafft hat, die Zulassung zu erhalten und auch live zu gehen, war hingegen „$ESOY“, zu deutsch: E-Soja. Das Unternehmen E-Grains erhielt Ende Januar die Erlaubnis, Token im Umfang von bis zu 100 Millionen Dollar auszugeben, die Sojabohnen bzw. Futures auf dieselben abbilden.
Laut E-Grains laufen die Soja-Token auf Polygon und Ethereum und sollen auch auf dezentralen Marktplätzen ankommen. Bislang ist davon aber noch nicht viel zu sehen, $ESOY steckt offenbar gänzlich hinter dem Login bei E-Grains. Künftig möchte das in El Salvador angemeldete Startups auch Zucker, Kaffee und Mais tokenisieren, was für die agrarisch geprägte Region keine kleine Sache ist.
Nachdem El Salvador weltweit dafür bekannt wurde, Bitcoin zum gesetzlichen Zahlungsmittel zu machen, positioniert es sich nun also als Anlaufstelle für innovative Finanzprodukte in der Region. Dies ist für ein kleines Land eine bewährte Strategie, um den Wohlstand seiner Einwohner zu steigern. El Salvador wird, wie Bitfinex-CTO Paolo Arduino schwärmt, „bald zum zentralen Finanzhub von Zentral- und Südamerika werden“.
Man kann zwar lange und breit darüber klagen, dass Bitcoin als Zahlungsmittel in El Salvador mehr oder weniger gefloppt ist. Doch der Versuch allein und das zugehörige Bitcoin-Gesetz zogen nicht nur einen touristischen Strom aus der Bitcoin-Community an, sondern wirkten auch als klares Signal an die internationale Fintech-Community, dass das Land Innovation mit offenen Armen empfängt. Mit dem Digital Securities Act verstärkt El Salvator diese Signal.
An sich läuft es gut unter der Regierung von Nayib Bukele, der im Februar mit einer überwältigenden Mehrheit im Amt bestätigt wurde, obwohl die Verfassung eigentlich eine Wiederwahl verbietet. Doch seine Erfolge lassen sich sehen: Die Wirtschaft wächst mit beinahe fünf Prozent deutlich schneller als bei den Nachbarn Guatemala und Honduras, wobei der Bausektor, die Finanzbranche und der Tourismus die treibenden Kräfte sind. Die Kriminalität sinkt rapide, die Sicherheit steigt, und die Investitionen aus dem Ausland nehmen zu. El Salvador könnte vom „Capital of Murder“ zum Tigerstaat Zentralamerikas werden.
Allerdings erregt der Kurs von Präsident Bukele auch Widerstand. Das Land ist zur Deckung seiner Ausgaben weiterhin auf Kredite vom Internationalen Währungsfonds (IWF) angewiesen, doch seit der Verabschiedung des Bitcoin-Gesetzes stocken die Verhandlungen mit diesem. Der IWF betrachtet das Bitcoin-Gesetz als Risiko für die finanzielle Stabilität des Landes und verlangt, dass es zurückgenommen oder zumindest stark verändert wird.
Auch eine auf Bitcoin basierte Anleihe – wie der Vulcano Bond – erregt die Kritik des IWFs, was vermutlich der Hauptgrund sein dürfte, warum sie sich immer mehr verzögert. Noch braucht El Salvador den IWF-Kredit mehr als den Vulcano-Bond.
Das Bitcoin-Gesetz ist dementsprechend ein großes Thema in den laufenden Verhandlungen über einen 1,4-Milliarden-Dollar-Kredit. Immerhin klingt der IWF ein Stückchen milder und verlangt nur noch Änderungen. Aber das könnte auch Auslegungssache sein.
Bedauerlich ist dabei vor allem, dass der IWF nicht bereit zu sein scheint, zu würdigen, dass sich El Salvador mit seiner Bitcoin- und kryptofreundlichen Politik eine Grundlage schafft, durch die es zu Wohlstand kommen kann.