Japanische Investmentfirma kürt Bitcoin zu „strategischer Reservewährung“
Weil Japans Finanzsystem offensichtlich Probleme hat, kauft sich das Unternehmen Metaplanet in Bitcoin zu. Aber ist die Bitcoin-Strategie ernst gemeint? Oder soll sie nur dem siechenden Börsenkurs ein wenig Aufwind geben?
Die japanische Investmentfirma Metaplanet hat vor kurzem zusätzlich Bitcoin im Wert von 1,6 Millionen Dollar gekauft. Damit besitzt sie nun 141 Bitcoin, etwa 8,6 Millionen Euro. Dieser dritte Kauf des Unternehmens seit April 2024 ließ seinen Aktienkurs erneut erheblich steigen. Die Strategie läuft.
Der japanische Investmentfonds, der seit mehr als einem Jahrzehnt in Immobilien und Unternehmen investiert, hat bereits im April 2024 eine Bitcoin-Strategie eingeleitet. Er machte in diesem Monat Bitcoin zu seiner strategischen Reservewährung. Als Grund nennt es die erhebliche Verschuldung Japans, die anhaltend negativen Zinsen sowie die wachsende Instabilität des Yen. Japans Nettoschuldenquote kletterte im vergangenen Jahr auf mehr als 250 Prozents des BIPs und ist damit die höchste unter den G7-Ländern, während der Yen seit 2021 im Vergleich zum Dollar schon um mehr als 50 Prozent verloren hat.
Dass Japans Finanzwesen in Probleme schlittert, ist immer schwerer zu übersehen. Kryptowährungen hingegen, erklärt Metaplanet seine Bitcoin-Strategie, „haben ihre Präsenz zementiert und wurden klar ein Teil des globalen Finanzwesens.“ Es gebe wenig Zweifel daran, „dass Bitcoin mittlerweile eine Rolle im internationalen Investment spielt.“ Mit dem Kauf von 117,7 Bitcoins im April – etwa 7,19 Millionen Dollar – setzt Metaplanet diese Einsicht um. Das Unternehmen erwartet von Bitcoin „dass es seinen Wert im Vergleich zum japanischen Yen erhält und als hochliquide, langfristige stützende Währung“ dient.
Darüber hinaus hat sich das Unternehmen aber auch etwas von MicroStrategy abgeschaut, jenem US-amerikanischen Unternehmen, das mehr als 100.000 Bitcoin akumuliert hat: Es kündigte noch in derselben Pressemitteilung an, durch „Stock Acquisation Rights“, quasi Optionen auf Aktien, weitere 935 Millionen Yen einzuholen – das sind gut fünf Millionen Euro – um mit diesem Kapital dann, „einem aufstrebenden Trend unter einigen börsennotierten Unternehmen, vor allem in den USA, nacheifernd“, weitere Bitcoins zu kaufen. Dies soll vor allem den Anteil an Yen im Portfolio und die damit verbundenen Risiken abbauen; Metaplanet nennt es auf seiner Webseite „eine strategische Transformation“.
Am 10. Mai kaufte Metaplanet weitere 19,87 Bitcoin für 200 Millionen Yen, und am 10. Mail folgten die schon erwhnten 23,25 Bitcoin. Jeden dieser Züge hat das Unternehmen mit Pressemitteilungen flankiert, die, anders als gewöhnlich, nicht nur auf japanisch, sondern auch auf englisch erscheinen. Offensichtlich spricht Metaplanet hier die internationalen Anleger an, in der Hoffnung, dass diese in die Firma investieren.
Für den Aktienkurs kam dies wie gerufen, wie ein Deux ex Machina, der dem Helden kurz vor dem Fall in den Abgrund die rettende Hand hält: Der Kurs folgte seit vielen Jahrem dem typischen Shitcoin-Muster, nach heftigen Blasen in den frühen 2000er und 2010er Jahren, die den Preis auf mehrere tausend Yen trieben, sackt er mit großer Beharrlichkeit ab, verliert jedes Jahr weiter, um im Frühjahr 2024 auf einem absoluten Tiefpunkt von unter 15 Yen zu landen. Die Bitcoin-Strategie bringt ein wenig Erlösung von diesem Schwund. Der erste Kauf hob den Kurs auf 36 Yen, Ende Mai stieg er auf mehr als 80, nach dem dritten Kauf letzte Woche sprang kurzfristig sogar auf mehr als 100 Yen – der höchste Wert seit 2020.
Ob Metaplanet damit tatsächlich „das Microstrategy“ Japans wird, wie manche Beobachter jubeln, dürfte angesichts der krass unterschiedlichen Größenordnung wenig wahrscheinlich sein. Überhaupt ist wenig über das Unternehmen bekannt, wenig über andere Investments, wenig über Erfolge. Der seit mehr als 10 Jahren kontinuierlich fallende Aktienkurs deutet eher weniger darauf hin, sondern zeigt ein Unternehmen, dessen größte Leistung darin bestand, die Zulassung für den Aktienhandel zu erlangen, und das seitdem das traurige Dasein eines schwindsüchtigen Pennystocks führt.
Ob es wirklich sinnvoll ist, dass solche Unternehmen ihren Kurs ein wenig damit füttern, indem sie öffentlichkeitswirksam Bitcoins kaufen? Hilft das irgendjemandem, außer den Eigentümern und Haltern der leeren Säcke? Und hilft es Bitcoin? Vielleicht vorübergehend – aber was, wenn dies Mode wird, und wenn der Bitcoin-Effekt bei Unternehmen, die selbst keine bleibenden Werte schaffen, verblasst? Werden ihre Bitcoin-Bestände dann wie eine ewige Hypothek auf dem Bitcoin-Preis lasten?