Mining

Mining seit 2017 auf der ganzen Welt

Bitkern, ursprünglich aus Österreich, betreibt seit 2017 Bitcoin-Mining. Im Gespräch erzählt Gründer Stefan Kern von den Herausforderungen, global zu minen, und wie sich der Markt im Lauf der Jahre gewandelt hat.

Mittlerweile scheint es eine Ewigkeit her. 2017 gründete Stefan Kern Bitkern. Er hatte zuvor zuhause, im Wohnzimmer, Rigs gebaut, und mit Grafikkarten Ether geschürft, bis es qualmte. Seine Mining-Farm wuchs immer weiter, und als die Wohnung schließlich zu eng wurde, mietete er ein Wasserkraftwerk an. Aus dem, was als Hobby begonnen hatte, wurde ein Beruf.

„Plötzlich hatte ich genug Kapazitäten, um nicht nur für mich, sondern auch für Freunde und Bekannte zu minen. Als die Nachfrage dann immer größer wurde, war die Gründung einer Firma der nächste logische Schritt – so hat alles angefangen,“ erinnert er sich.

Für Stefan begann damit ein Abenteuer; eine Achterbahnfahrt, die ihm Freude bereitet, aber auch viel abverlangt. „Für unsere Branche gibt es keine klassische Ausbildung – der Markt ist noch jung und entwickelt sich ständig weiter. Man muss es selbst lernen, Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind entscheidend. Viele Unternehmen scheitern daran aber.“

Bitkern hat es, zumindest bis hierhin, geschafft: Das Unternehmen betreibt Mining-Farmen in aller Welt mit insgesamt mehr als 50 Megawatt und blickt vom neuen Firmensitz im Schweizer Zug optimistisch und entspannt voraus.

Alles ändert sich, immer und überall

Aber einfach war es selten. Beginnen wir damit, dass die Zeit nach 2017 turbulent war. 2017 war ein Boom-Jahr gewesen. Der Preis kletterte steil und steiler, der Markt war heiß, Ethereum groß geworden, eine Flutwelle ICOs schwemmte den Markt mit Kapital. Da konnte man selbst in Österreich gut verdienen, wenn man mit Grafikkarten Ether schürfte.

Doch auf die Party folgte der Bärenmarkt, irgendwann 2018, und er blieb das ganze Jahr 2019 hindurch. Die Preise von Bitcoin und anderen Coins sanken durch die Bank weg, während zugleich die für Strom gestiegen waren. „Plötzlich hatten wir kein tragfähiges Geschäftsmodell mehr. Der Standort Österreich war nicht mehr rentabel, selbst mit einer direkten Leitung zum Wasserkraftwerk.“ Mining war schwierig geworden.

Stefan stand vor der Wahl: Aufgeben oder neue Standorte erschließen. Er beschloss, weiter zu machen. „2018 eröffneten wir unsere erstes Mining-Operation in Schweden, 2019 folgte dann der Standort in den USA.“ Und so ging es weiter. Jahr für Jahr schließt Bitkern seitdem Asics an weiteren Standorten an.

Für den Österreicher wurde das zu einer spannenden Erfahrung. Er musste lernen, sich auf fremde Geschäftskulturen einzulassen, und entdeckte, dass ihm das ganz gut lag.

Eine Mining-Farm von Bitkern in Texas. Bildrechte vollständig bei Bitkern, für diesen Beitrag zur Verfügung gestellt.

Mit der Globalisierung von BitKern änderte sich auch dass Geschäftsmodell. Anstatt die Hashes der eigenen Anlagen verkauft Bitkern nun Anlagen und betrieb sie für die Kunden. Die Zielgruppe sind Unternehmen, Vermögensverwalter, Institutionen und gut betuchte Einzelne, die 6-stellige Summen investieren. Solche Portionsgrößen skalieren besser.

Auch das Mining selbst hat sich geändert. In den frühen Jahre schürfte man bei Bitkern noch mit Grafikkarten Ether und Zcash. Das war in dieser Zeit noch sehr profitabel. Doch dann kam 2022, und Ethereum schüttelte mit dem Merge zu Proof of Stake (PoS) das Mining durch Proof of Work (PoW) ab. Der Markt fürs Grafikkarten-Mining schrumpfte drastisch. Bitkern versuchte, durch KI-Jobs weitere Einkommensquellen zu erschließen, um den Merge zu kompensieren. Denn wenn Miner eines gelernt haben, dann, günstigen Strom zu finden und Rechenoperationen zu skalieren.

Allerdings enwickelte sich auch die Branche weiter, und heute benötigt man für KI-Jobs spezielle Hochleistungs-Hardware. Die Grafikkarten, die BitKern noch vom Ether-Mining besaß, eigneten sich nun nicht mehr. Daher schürft das Unternehmen heute nur noch mit modernen ASIC-Minern Bitcoin und andere Kryptowährungen.

Günstige und teure Standorte

Vermutlich ist die Flexibilität, sich neue Standorte zu erschließen und das Geschäftsmodell an diese anzupassen, der wichtigste Erfolgsfaktor für Mining-Unternehmen. Miner suchen ununterbrochen nach neuen, günstigen Standorten auf der ganzen Welt.

Dabei kommt nicht jedes Land in Frage. Österreich oder Deutschland schneiden wegen der vergleichsweise hohen Stromkosten leider kategorisch aus. Es mag in Einzelfällen unter bestimmten Bedingungen funktionieren, aber nicht im industriellen Ausmaß. Damit sich dies lohnt, dürfen die Strompreise maximal 4 Cent je Kilowattstunde betragen. Das ist eine relativ konstante Schwelle, an der sich der Markt seit Jahren orientiert.

„Der Strompreis ist der entscheidende Faktor. Wir setzen auf Standorte mit überschüssiger Energie,“ erzählt Stefan Kern, „aber es gibt auch andere Aspekte, die eine wichtige Rolle spielen.“ Grob gesagt gebe es Lowcost, Highcost und Premium Standorte.

Nadvoitsy, Republic of Karelia, Russia, December 18, 2021. Bildrechte vollständig bei Bitkern, für diesen Beitrag zur Verfügung gestellt.

Länder wie Venezuela, Paraguay und Äthiopien sind typische Lowcost-Standorte. Sie produzieren einen Überschuss an Strom, während die Lohn- und Immobilienkosten gering sind. Hier lohnt es sich, auch mit älteren, leistungsschwächeren Minern zu arbeiten. Doch dies hat seinen Preis.

In manchen Märkten ist es schwierig, Ersatzteile zu bekommen. Wenn etwa ein Transformator durch schmort, kann es mehrere Monate dauern, bis die Anlage repariert ist. Man will nicht, dass das mitten im Bullenmarkt passiert. In anderen Ländern, wie Venezuela, fehlt die politische Stabilität. Man weiß nie genau, woran man ist. Erst vor kurzem hat die Regierung die Mining-Farmen abschalten lassen, mutmaßlich in Folge eines Blackouts. Auch Bitkern ist betroffen, die Anlage in Venezuela ist derzeit offline.

Nadvoitsy, Republic of Karelia, Russia, December 18, 2021. Bildrechte vollständig bei Bitkern, für diesen Beitrag zur Verfügung gestellt.

Länder wie die USA dagegen sind teurer, nicht nur wegen der Preise für Strom, sondern vor allem für Personal und Pacht. Mining lohnt sich hier nur mit modernen, starken Geräten. Dafür genießt man politische Stabilität, eine starke Infrastruktur und gut ausgebildetes Personal.

Russland ist irgendwo dazwischen und mittlerweile nach den USA der größte Markt fürs Mining. Die oft freiwilligen Sanktionen westlicher Unternehmen gegen Russland machen es etwas komplizierter, aber nur etwas. Die russische Industrie kompensiert Einschränkungen der Zahlungsflüsse durch westliche Finanzinstitute, indem sie Unternehmen in Drittländern wie Dubai, Hongkong, oder der Türkei eröffnet. „Das machen viele so. Nur wenige Länder und Unternehmen haben sich den Sanktionen angeschlossen, daher spielt das in der Praxis kaum eine Rolle.“ ergänzt Stefan.

Ein Premium-Markt ist hingegen Nordeuropa, etwa Schweden oder Finnland. Die Standorte sind teuer, schaffen aber auch eigene Trends. So nutzt man mittlerweile etwa die Abwärme des Minings, Gemeinden und Industrien zu beheizen. “Wir sind auch bei solchen Pilotprojekten dabei,“ erzählt Stefan. „Anfangs mag das teurer sein, aber langfristig zahlt es sich aus.”

Man muss zu den stärksten 10-20 Prozent gehören

Die vergangenen Jahre waren nicht einfach, und es lief längst nicht immer alles glatt. „Es gab immer wieder unerwartete Zwischenfälle – von Missverständnissen mit internationalen Partnern über Krisen, wie aktuell in Venezuela, bis hin zu schwierigen Phasen, in denen der Bitcoin-Preis fällt und die Stromkosten steigen.” Wer davon ausgeht, dass immer alles so kommt, wie man es geplant hat, hat es auf diesem Markt schwer.

Die Entschädigung für diese Mühe bringen die Bullenmärkte. Dann wird nicht nur das Mining extrem profitabel, auch der Wert der Mining-Geräte explodiert. „Viele Kunden haben ihre Maschinen für 2.000 Dollar gekauft und später für 10.000 weiterverkauft. Oft verdienen sie damit sogar mehr, als mit dem Mining selbst.“

Eine Mining-Farm kann auch von außen ein besonderer Anblick sein. Bildrechte vollständig bei Bitkern, für diesen Beitrag zur Verfügung gestellt.

Bitkern verkauft und betreibt die Miner für seine Kunden. Doch das Unternehmen schürft auch selbst. Die Bitcoins, die es so erzeugt, behält es. “Unsere Rechnungen begleichen wir durch unser Brot- und Buttergeschäft – das Betreiben der Miner für unsere Kunden. So sind wir nicht gezwungen, unsere eigenen Bitcoins zu verkaufen oder zu beleihen.”

Stattdessen bilden die Bitcoins eine strategische Reserve. „Wir verkaufen nur in echten Notfällen. Einmal kam es vor, dass der Besitzer einer Farm die Stromkosten nicht mehr bezahlt hat und pleite ging. Wir standen plötzlich vor siebenstelligen Verbindlichkeiten, die wir aus eigener Tasche begleichen mussten. In solchen Fällen verkaufen wir dann Bitcoin.“

Insgesamt aber steht Bitkern stabil da. Das Unternehmen betreibt Mining-Farmen mit 50 Megawatt, was, je nach Kalkulation, etwa 0,2-0,5 Prozent des globalen Minings ausmacht. So aufgestellt blickt Stefan Kern optimistisch und entspannt in die Zukunft.

Selbst eine Stagnation oder den Verfall des Preises bis zum nächsten Halving sorgen den Österreicher nicht. „Die Difficulty regelt das. Bitcoin ist so konstruiert, dass schwächere Marktteilnehmer ausscheiden und das System sich selbst korrigiert, damit es für die Stärkeren wieder profitabel wird. Gehört man zu den Top 10 oder 20 Prozent, verdient man immer, selbst wenn der Markt fällt.“

Quelle

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